Edle Tropfen in edlen Mauern

Moderne Architektur inmitten von Weingärten

In den Weingärten der Steiermark hat sich moderne Architektur ausgebreitet. Die Weine bekommen damit das Umfeld, das sie verdienen. Die penibel strukturierte Natur- und Kulturlandschaft entlang der Steirischen Weinstraßen erfordert von Bauprojekten ein besonderes Maß an Sensibilität im Umgang mit der Umgebung.

Die strengen Symmetrien der Weingärten, die wie gestrandete Buckelwale daliegenden Rücken der Riede, die Schwindel erregenden Schlangenlinien der engen Straßen – dieses landschaftliche Kaleidoskop verträgt nicht jede Art baulicher Ergänzungen und Einmischungen. Da ist Wissen um historische Wurzeln gefragt, ohne dass dabei der architektonische Mut für etwas Neues verloren geht. Da muss mit Fingerspitzengefühl der Einklang mit der Natur gesucht werden, um bauliche Ohrfeigen zu verhindern.

Den jungen steirischen Weinbauern ist das in Zusammenarbeit mit progressiven, mutigen Architekten in den vergangenen Jahren in mehrheitlich Aufsehen erregender Qualität gelungen. Schlichte, aber umso elegantere Holzfassaden schmiegen sich trotz stattlicher Dimensionen perfekt ins Landschaftsbild, fließen über die Weingartenterrassen, indem sie sie imitieren. Nüchterne Sichtbeton-Quader, in denen modernste Edelstahltanks funkeln, werden zu raffinierten Verbindungsbrücken zu alten Bausubstanzen, großzügige Glasflächen sorgen für die notwendige Transparenz und innere Strahlkraft.

Das alles hat hier an der Weinland Steiermark Radtour zu einem völlig neuen Selbstverständnis der Winzer geführt. Gepaart mit handwerklicher Extraklasse, der immer wieder Weine auf Weltklasse-Niveau entspringen, wird den edlen Tropfen das Ambiente geboten, das sie verdienen. Modern, aber nicht jenseitig, geschmackvoll, aber nicht aufdringlich. Und darüber, so beschreibt es der aus der Steiermark stammende Schriftsteller Gerhard Roth in endloser Gültigkeit, „schüttet der Himmel ein Blumenbukett von Farben aus“, das am Ende des Tages langsam in sich zusammensackt. „Und die untergehende Sonne verwandelt die Landschaft in einen Scherenschnitt. Je dunkler es wird, desto größer wird der Himmel.“ Und desto besser schmeckt der Wein.

Autor: Klaus Höfler