Wenn Häuser reden könnten

Die Barockstadt Schärding

Bettina Berndorfer, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Schärding, gewährt durch ihre Augen Einblick in die barocke Stadt und ihre Besonderheiten. Hier stattet man am Innradweg, am Tauernradweg und am Römerradweg dem Mittelalter einen Kurzbesuch ab.

Wie schön wäre es, wenn Häuser reden könnten! Ich stünde stundenlang beispielsweise am Oberen Stadtplatz von Schärding, mit all seinen farbenfrohen, barocken Bürgerhäusern und lauschte ihren Geschichten. Das knallrote Haus würde von seinem ersten Besitzer und Erbauer erzählen: Er war dereinst Metzger und hoch angesehen in der Stadt. Und noch etwas weiß das ehrwürdige Haus mit dem schwungvollen Giebel ganz genau. Schwer reich war der Herr, sonst wäre das Gebäude nicht so stattlich ausgefallen: vier Stock hoch, sogar ein Erker ziert seine schmucke Fassade mit dem für den Barock so typischen Rundgiebel. Und das mächtige Rundtor ist mit teurem Schärdinger Granit gefasst. Das blaue Haus gleich daneben könnte von seiner Vergangenheit als Bäckerei erzählen. Und das große, ockergelbe mit den himmelblauen Fensterläden, war einst der Stolz eines reichen Sattlers.

Allen Häusern ist eines gemeinsam: ihre Erbauer waren überaus wohlhabend – in ihren Taschen klimperten schwer die Silberlinge. Dies gab der „Silberzeile“, wie die Nord-Ost-Seite des Oberen Stadtplatzes heißt, ihren Namen. Im späten Mittelalter residierten hier die reichsten Kaufleute der Stadt. Das historische Stadtbild von Schärding präsentiert sich auch heute noch so lebendig, dass man meint, einen Kurzbesuch direkt ins Mittelalter zu machen. Die alten Häuser – in der Mehrzahl aus dem Barock – erstrahlen wie bunte Ostereier im frisch restaurierten Glanz. Die Farbtöne der Fassaden stimmen oft immer noch mit den spätmittelalterlichen Zunftfarben überein: Rot war Farbe der Metzger, Blau die der Bäcker, Grün waren Wirtshäuser und Brauereien, Gelb Kasernen und Braun zeigte einen Sattler an.

Wer durch die engen Gässchen und über die farbenfrohen, zumeist dreieckigen Plätze – eine Besonderheit von Schärding – schlendert kann sich leicht den regen Salzhandel, der die Stadt reich werden ließ, vorstellen. Der vermeint, die Kaufleute in ihren mittelalterlichen Wämsern beim aufgeregten Handeln am Ufer des Inn zu sehen, der fühlt sich ein in die harte Arbeit der Innschiffer, die stets durstig waren und so Anlass für 14 Brauereien gaben. Der hört geradezu das Klappern von Pferdehufen, das Knirschen von Wagenrädern oder das Donnern und „Bumsen“ der rollenden Bierfässer in die Keller der Wirtsstuben. So heißt auch heute noch ein urgemütlicher Brauerei-Wirtshaus „Zur Bums‘n“. Schärding ist stolz auf seine lebhafte gastronomische Szene: auf die gerade mal 5.000 Einwohner kommen nicht weniger als 50 Lokale!

Autorin: Bettina Berndorfer