Im Land der Kernkraft

Der Kürbis, ein Universalgenie

Universalgenie: Der Kürbis ist eine Pflanze für und gegen (fast) alles. Die Antwort ist immer die gleiche: „Kürbis.“ Nur die Fragen können variieren. Ganz banal: Wie heißt die durchschnittlich basketballgroße, gelborange Feldfrucht, die es in der Steiermark zu Kultstatus geschafft hat? Richtig! (Kürbis).

Auch nicht schwer: Woraus wird ein Liter des EU-weit mit dem geheimnisvollen wie seltenen Label g.g.A. (geschützte geografische Angabe) ausgeflaggten steirischen Kernöls gepresst? Aus drei Kilo Kernen vom … Genau! Schon schwieriger: Was verbindet ein gschmackiges Pesto mit einem pflegenden Lippenbalsam und handgeschöpftem Papier aus der Südsteiermark? Richtig, alle drei werden aus K….. gemacht. Längst dreht sich das Universum in der Steiermark nicht mehr um die Sonne, sondern um „Cucurbita pepo L. convar. Citrullina var. styriaca“, den steirischen Ölkürbis. Auf einer Fläche von 11.000 Fußballfeldern werden im Land der Öko-Kernkraft jährlich mehr als 6.000 Tonnen Kürbis angebaut.

Man kann ihn für fast alles verwenden – und gegen vieles. Bei Bandscheibenproblemen, Bettnässen, erhöhten Blutfettwerten oder verstopften Arterien soll er helfen. Aber auch bei politischer Ratlosigkeit, wie in der weststeirischen Gemeinde Preding. Wer entscheidet dort, wer das Sagen hat? Exakt: Ein Kürbis! So versammeln sich einem langjährigen Brauch folgend Vertreter der Zünfte um einen runden Tisch, in dessen Mitte eine Schüssel mit Maisgrießbrei steht. In diese Schüssel lässt man von oben einen Kürbis hineinfallen. Der mit den meisten Breispritzern ist der neue Kürbis-Bürgermeister. Zugegeben, das Ritual verweigert sich plumper Demokratie, vertraut eher dem Prinzip Zufall. Aber es wirkt.

Und wo kann man ihn so richtig erleben: in Ölmühlen, Gasthäusern, Restaurants und Buschenschanken im Süden und Osten der Steiermark, der am Besten mit dem Rad auf der Weinland Steiermark Radtour, am Murradweg oder am EuroVelo 9 entdeckt wird.

Autor: Klaus Herzler